Klimaforscher des KIT: „Wir haben noch nicht viel erreicht“
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Autor:
Margarete Lehné
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Quelle:
Presse-Service
- Datum: 10.09.2020
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Harald Kunstmann ist Klimaforscher am Campus Alpin des KIT in Garmisch-Partenkirchen. Im Kurzinterview spricht er über den Klimawandel – und die Frage, wie sich die Coronakrise auf die CO2-Emissionen auswirken.
Herr Kunstmann, seit Monaten dreht sich beinahe alles um die Coronakrise – verlieren wir die Klimakrise aus dem Blick?
Harald Kunstmann: Das Interesse an dem Thema hatte tatsächlich etwas nachgelassen, nimmt jetzt aber wieder zu. Die Hauptfrage in Deutschland, aber auch weltweit ist, ob wir durch die geringeren Emissionen durch die Beschränkungen im Zuge der Coronakrise bereits etwas erreicht hätten. Aus wissenschaftlicher Perspektive, etwa mit Blick auf die CO2-Konzentrationen an der Zugspitze, können wir das allerdings überhaupt nicht sehen. Um hier eine Reduzierung messen zu können, müsste ein Shutdown mindestens zwei Jahre dauern. Das zeigt, wie schwer es uns fallen wird, diese Emissionen zu reduzieren, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.
Wo stehen wir denn beim Klimaschutz?
Kunstmann: Wir haben noch nicht viel erreicht. Zwar haben wir viele Abkommen, aber im Verlauf der CO2-Konzentrationen zeigen sich diese noch nicht. Die Ziele solcher Abkommen werden von Industrie und Politik auch gern sehr weit nach hinten gesetzt, zum Beispiel ins Jahr 2050. Und die für 2030 gesteckten Ziele sind kaum ehrgeizig. Wir müssten das Reduzieren der Emissionen viel stärker und dringlicher voranbringen.
In der Coronakrise hat die Politik sehr schnell und radikal gehandelt.
Kunstmann: Die Politik ist durchaus in der Lage, schnell auf Wissenschaftler zu hören. In der Klimaforschung machen wir seit 30 Jahren auf den Klimawandel und den dringenden Handlungsbedarf aufmerksam. Es ist auch schon einiges passiert – aber das ist bei weitem nicht ausreichend. Ich wünsche mir beim Klimaschutz die gleiche Konsequenz, die wir bei der Corona-Pandemie gesehen haben.
Wie sieht es mit dem Bewusstsein der Bevölkerung für den Klimawandel aus?
Kunstmann: Da sind wir zweigeteilt. Bei vielen, vor allem bei jungen Menschen hat das Thema hohen Stellenwert. Aber wenn es um die eigene Lebensweise geht, glaube ich, dass wir viel zu großzügig zu uns selbst sind. Wir müssen zum Beispiel ganz konsequent auf Fernreisen verzichten, auch auf das Autofahren. Klar ist auch, dass Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, einen deutlich kleineren ökologischen Fußabdruck haben, als jene, die Fleisch essen. Das wissen die meisten auch – vielen fällt es aber schwer, das im Alltag zu leben.