Stadtwohnung oder Haus im Grünen?

  • Autor:

    Anja Frisch

  • Quelle:

    Presse-Service

  • Datum: 15.08.2019
  • Die Bevölkerungszahl in Deutschland nimmt langfristig ab, der Anteil von Senioren und Migranten steigt aber: „Die Bevölkerung in Deutschland wird älter, weniger, bunter“, sagt Carolin Kramer, Professorin für Humangeographie und Geoökologie am KIT. Sie forscht zu Wohnbiografien und Lebensstilen und untersucht die historischen und aktuellen Prozesse des gesellschaftlichen Wandels im Hinblick auf Bildung und Wissen, Mobilität und Zeit sowie Umwelt und Infrastruktur. „Es gibt biografische Präferenzen für bestimmte Wohnstandorte“, stellt sie fest. „Die Städte wachsen, weil junge Leute zur Ausbildung in die Stadt kommen und als junge Familie auch lange dort wohnen bleiben.“ Das Haus im Grünen ist für sie weniger erstrebenswert als für frühere Generationen, denn „der Umzug ins Umland war an ein Familienmodell geknüpft, das es nicht mehr gibt“, so Kramer. Heute sind in der Regel beide Partner berufstätig und bevorzugen kurze Wege zu den Arbeitsplätzen und zur Kita, die zudem möglichst mit dem Fahrrad erreichbar sein sollten. Auch Lebensstil und Wohnansprüche der Älteren unterscheiden sich deutlich von jenen voriger Generationen. Anders als einst prognostiziert, gibt es bei den zukünftigen Senioren keinen Trend zurück in die Stadt, vielmehr halten sie weiterhin stark an ihren bisherigen Wohnstandorten fest. „Wer im Eigenheim wohnt, möchte, solange er es sich leisten kann, nicht in die Stadt zurück, sondern schätzt den großzügigen Platz und die vertraute Nachbarschaft, von der Unterstützung erhofft wird“, so Kramer. „Suburbane Wohnquartiere, die kollektiv altern, müssen angemessen infrastrukturell versorgt werden“, betont sie. Das reicht von mobiler Pflege bis zur guten Anbindung an den ÖPNV. „Unsere Studien zeigen, dass Senioren für ihre Mobilität den Nahverkehr auf der Schiene deutlich attraktiver finden als den Bus“, sagt Kramer. Auch für Städte gelte es, das passende Angebot für die ältere Generation bereitzustellen. Dazu zählt unter anderem Wohnraum in kleinen Einheiten. „In vielen städtischen Einpersonenhaushalten leben ältere alleinstehende, oft verwitwete Frauen“, sagt Kramer. Die Wissenschaftlerin betont zugleich, dass die Auswirkungen des demographischen Wandels einer regional differenzierten Betrachtung bedürfen und sich zum Beispiel je nach Wirtschaftskraft einer Region unterschiedlich zeigen. Um abgelegene ländliche Regionen am Leben zu erhalten und zum Beispiel für die Ansiedlung junger Kreativer attraktiv zu machen, seien diese dringend auf ausreichende Versorgung mit Infrastruktur angewiesen: „Ohne Internet keine Arbeitsplätze und keine jungen Leute, ohne Schulen vor Ort keine Familien“, so Kramer. (afr)