Harald Kunstmann: Klimagesetz der EU-Kommission reicht allein nicht aus
- Datum: 04.03.2020
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Sehr geehrte Damen und Herren,
heute (04.03.2020) hat die EU-Kommission ihren Gesetzesvorschlag für ein Klimagesetz präsentiert. Ziel: die Europäische Union bis 2050 „klimaneutral“ machen. Alle Treibhausgasemissionen sollen eingespart oder ausgeglichen werden. Das Gesetz ist Teil des Green Deal, einer Initiative der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.Mit der Klimaneutralität bis 2050 habe die EU-Kommission zwar ein ehrgeiziges und richtiges Ziel, findet Klimaexperte Professor Harald Kunstmann vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). „Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf allein die Klimaneutralität erreicht werden kann. Es werden keine Strafen und finanzielle Konsequenzen für das Nichterfüllen der Reduktionsziele erwähnt. Ähnlich wie bei den Haushaltsdefizitverfahren der EU sind von den Staaten anscheinend keine wirklich harten Konsequenzen bei Nichteinhaltung zu befürchten.“
Kritisch sieht Kunstmann zudem die Berechnungsgrundlage für die Emissionsziele der EU, die in einem entscheidenden Punkt von den Empfehlungen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) abweichen: „Das Gesetz bezieht sich mit seinem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 wissenschaftlich zwar auf die IPCC-Berichte. Es spart aber aus, dass diese Berichte zusätzlich sagen, dass wir zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels bereits bis zum Jahr 2030 eine Reduktion der Treibhausgase um 45 Prozent benötigen – und zwar bezogen auf das Jahr 2010. Zwar spricht der Entwurf von einer 50-55-Prozent-Reduktion bis 2030, allerdings bezogen auf die Emissionen des Jahres 1990. Diese 20 Jahre machen einen enormen Unterschied! Deutschland beispielsweise ‚profitiert‘ von dem Bezugsjahr 1990, weil dabei die Braunkohlekraftwerke der ehemaligen DDR berücksichtigt sind.“
Für das Erreichen der 2015 in Paris von der Weltgemeinschaft beschlossenen Klimaziele reiche das nun vorgeschlagene Gesetz deshalb nicht aus: „Die Zeitplanung für das Etappenziel 2030 ist wenig ehrgeizig. Die nötigen harten Veränderungen werden möglichst weit in die Zukunft gelegt und damit die notwendigen Veränderungen in der nahen Gegenwart vermieden. Trotz des übergeordneten Ehrgeizes des Gesetzes dürfen wir deshalb vom europäischen Beitrag zum Erreichen des 1,5- bis 2–Grad-Zieles leider nicht allzu viel erwarten“, so Kunstmann.
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