Das KIT auf der Hannover Messe 2021
Bionische Oberflächen, ein flexibles Produktionssystem für die Fertigung individualisierter Produkte, der kleinste Transistor der Welt und klimaneutrale synthetische Kraftstoffe: Diese und weitere Highlights aus der Technologieentwicklung präsentiert das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) auf der Hannover Messe 2021, die vom 12. bis 16. April als digitale Veranstaltung stattfindet. Dabei ist das KIT mit zwei virtuellen Ständen vertreten: im Future Hub und Energy Solutions.
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Kamerabasierte Spindelüberwachung
Das intelligente Kamerasystem zur Quantifizierung von Oberflächendefekten auf Kugelgewindetrieben erlaubt eine bildbasierte, direkte Überwachung der Spindeloberfläche. Es besteht aus einem an der Kugelgewindetriebmutter angebrachten Kamerasystem mit Beleuchtung, kombiniert mit einem auf Bilddaten trainierten Modell des Maschinellen Lernens: Dieses unterscheidet zwischen Bilddaten mit und ohne Defekt. Über die Auswertung dieser Bilddaten lässt sich dann eine zuverlässige Aussage zum Verschleißzustand der gesamten Spindeloberfläche treffen – eine Voraussetzung für den rechtzeitigen Tausch der Komponente im Betrieb.
Bionische Oberflächen
Im Lauf der Evolution haben viele Pflanzen und Tiere nano- und mikrostrukturierte Oberflächen mit faszinierenden Eigenschaften entwickelt. Diese Lösungen der Natur imitiert die Bionik und macht sie technisch nutzbar: Nach dem Vorbild des weißen Käfers Cyphochilus insulanus bildet ein nanostrukturierter Polymerfilm eine strahlend weiße Beschichtung für verschiedene Produkte. Ein von Wasserpflanzen inspirierter Nanopelz mit speziell angeordneten Strukturen auf einer Kunststofffolie trennt Öl und Wasser effektiv und ermöglicht eine schnelle und umweltverträgliche Beseitigung von Ölteppichen auf Gewässern.
Antireflexfolie
Eine Antireflexfolie, die auf Oberflächen den samtmatten Farbeindruck von Blütenblättern vermittelt, hat das KIT Spin-off Phytonics entwickelt. Ob auf Fotografien, Anzeigetafeln, Möbelstücken, Solarmodulen, Verpackungen oder Fassaden – die Folie kann die Reflexion für alle Wellenlängen und Einfallswinkel des Lichts nahezu komplett unterdrücken. Dies bringt bei Solarmodulen eine Ertragssteigerung bis zu zehn Prozent. Die im Rolle-zu-Rolle-Verfahren hergestellte Phytonics Folie ist kostengünstig, mechanisch flexibel und hochbeständig gegenüber Umwelteinflüssen.
Flexibles Produktionssystem für Variantenvielfalt
Die hohe Produktivität und Genauigkeit von Spezialmaschinen mit der Flexibilität und Wandlungsfähigkeit von Industrierobotern zu vereinen – das macht die Wertstromkinematik möglich. Dieses innovative Produktionssystem fokussiert auf die Abbildung ganzer Produktionsflüsse durch einheitliche Standardkinematiken. Neben den in der Robotik üblichen Handhabungsaufgaben führt die Kinematik auch weitere Prozesse wie Montage, 3D-Druck, Trenn- und Fügeverfahren sowie Zerspanungsaufgaben aus. Wertstromkinematik erlaubt es Unternehmen, Produkte mit hohem Individualisierungsgrad und in kleineren Stückzahlen wirtschaftlich und konkurrenzfähig herzustellen.
Digitaler Montageassistent
Das aus dem KIT hervorgegangene Start-up Kimoknow hat einen digitalen Montageassistenten für die kontaktlose Zusammenarbeit von Mensch und Maschine entwickelt. Der Assistent unterstützt Fachkräfte bei der Montage komplexer Geräte, macht den gesamten Prozess effizienter und erhöht die Qualität der Produkte. Um das System zeit- und kostensparend für die Erkennung von Objekten zu trainieren, greift Kimoknow auf Bilddaten aus computerunterstützten Entwicklungsprozessen (CAD) und dem Produktionsdatenmanagement (PDM) zurück.
reFuels
Die Forschungsinitiative „reFuels“ befasst sich mit der Zusammensetzung, Herstellung und Nutzung von regenerativen Kraftstoffen. Ziel ist, dass sich alle Fahrzeuge mit regenerativen Kraftstoffen betanken lassen, um eine schnelle ergänzende Lösung für eine CO2-neutrale Mobilität zu schaffen. „reFuels“ stützt sich auf innovative Infrastrukturen: Für das bioliq®-Verfahren, mit dem sich hochwertige Kraftstoffe aus biogenen Roh- und Reststoffen wie etwa Stroh erzeugen lassen, existiert am KIT bereits eine Anlage, die Ottokraftstoffe liefert. Das Energy Lab 2.0 am KIT ist ein weltweit einzigartiger Anlagenverbund: Dieser verknüpft modernste Technologien zur Erzeugung und Nutzung elektrischer, thermischer und chemischer Energie verknüpft wie Gasturbinen, Power-to-Methan und Wasserelektrolyse. Zudem werden im Energy Lab 2.0 unterschiedliche Kraftstoffkomponenten produziert.
Weltkleinster Transistor
Informationstechnologien verbrauchen enorme Mengen an Energie: Ob in Rechenzentren, PCs, Smartphones oder in eingebetteten Systemen für verschiedene Anwendungen von der Waschmaschine bis zum Flugzeug – zentrales Element der digitalen Datenverarbeitung ist der Transistor. Mit dem weltkleinsten Transistor, der Strom über die kontrollierte reversible Bewegung eines einzigen Atoms schaltet, lässt sich die Energieeffizienz erhöhen: Das quantenelektronische Element ermöglicht Schaltenergien, die um einen Faktor 10 000 unter denen herkömmlicher Siliziumtechnologien liegen. Dabei arbeitet der Einzelatom-Transistor bereits bei Raumtemperatur. Er funktioniert in einem Gel-Elektrolyten, der die Vorteile eines Feststoffs mit den elektrochemischen Eigenschaften einer Flüssigkeit verbindet.
Digitale Netzteile
Ein neues Modulationsverfahren zur digitalen und hochdynamischen Steuerung von Netzteilen macht den Einsatz von Folienkondensatoren bei nur geringfügig vergrößertem Bauraum möglich. Dank der Genauigkeit und Flexibilität der Regelung eignen sich solche digitalen Netzteile besonders für industrielle Anwendungen mit hohen Dynamikanforderungen, beispielsweise in Elektroautos. Die Langlebigkeit der verbauten Folienkondensatoren senkt die Ausfallquote der Schaltnetzteile und erhöht somit die Nutzungsdauer der Endgeräte um ein Vielfaches. Über einen Online-Monitor lassen sich die Netzteile zur Fernwartung oder Ferndiagnose in das Internet der Dinge integrieren. Digitale Netzteile werden damit wichtige Wegbegleiter der Industrie 4.0.
greenventory
Die von dem Start-up greenventory entwickelte Software ermöglicht Unternehmen und Städten, ihre Energie- und Klimaziele einfacher, schneller und kostengünstiger zu erreichen, indem sie ihnen die für eine vorausschauende Planung erforderliche räumlich und zeitlich hochaufgelöste Datenbasis bietet. Diese enthält alle energierelevanten Gebäudeparameter, bezieht die Netzinfrastruktur sowie Potenziale für Windkraft- und Photovoltaikanlagen ein. In einer ganzheitlichen Systemanalyse betrachtet die Software Wärme, Strom und Mobilität gemeinsam. Mit ihr lassen sich Energieversorgungs- und Klimaschutzkonzepte, beispielsweise für Produktionsstandorte, Händlernetze oder Quartiere, in deutlich kürzerer Zeit und deutlich höherer Qualität als bisher erstellen.
Stv. Pressesprecherin, Channelmanagement Presse
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