Sport und Gesellschaft - Prof. Alexander Woll
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Der Leiter des Instituts für Sport und Sportwissenschaft (IfSS) befasst sich mit der Diagnostik und dem Qualitätsmanagement von körperlicher Aktivität und Sport und entwickelt Bewegungskonzepte für alle Altersgruppen.
Fitness und Gesundheit in der ganzen Lebensspanne
„Wir haben die ganze Lebensspanne des Menschen im Blick: Uns beschäftigt, wie sich Kinder aus ihrer zunehmend digitalen Welt abholen und zu Bewegung und Sport motivieren lassen, wie es gelingt, Menschen nach einer Erkrankung oder einem Unfall wieder in Bewegung zu bringen, und wie Fitness im Alter erhalten bleibt“, sagt Alexander Woll. Dabei stehen motorische, gesundheitliche, kognitive und soziale Aspekte von körperlicher Aktivität und Sport im Zentrum der Forschung.
„Die Folgen körperlicher Inaktivität in der technisierten Welt werden auch in Zukunft eine gesellschaftliche Herausforderung sein, denn durch die Zunahme von digitalem Lernen und Arbeiten zu Hause fällt noch mehr Alltagsbewegung auf dem Weg zu Schule und Betrieb weg“, erklärt der Sportwissenschaftler. Woll leitet die am IfSS angesiedelte Studie „Motorik-Modul“ (MoMo), die seit 2003 in regelmäßigen Abständen die motorische Leistungsfähigkeit und körperlich-sportliche Aktivität von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen untersucht. Die Langzeitstudie ist Teil der bundesweiten Untersuchung des Robert Koch-Instituts zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS). Die MoMo-Studie ist am KIT eingebunden in die Arbeiten am Forschungszentrum für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen (FoSS), das Woll als Vorstandsvorsitzender leitet. Der von ihm am KIT initiierte Kongress „Kinder bewegen“ vermittelt regelmäßig Informationen und Denkanstöße für Expertinnen und Experten aus der Praxis, aber auch für die Politik.
„Technik kann Menschen auf vielfältige Weise unterstützen, körperlich aktiv zu sein“, sagt Woll. Dies reiche von der intelligenten Gelenkbandage, die beim Sporttreiben trotz Arthrose hilft, bis zum Einsatz von Robotik für Training und Rehabilitation. „In Kooperation mit dem Institut für Anthropomatik und Robotik am KIT untersuchen wir zum Beispiel, wie sich durch Exoskelette Bewegungsfähigkeit erhalten oder wiedererlangen lässt“, erläutert er.
Das IfSS entwickelt Bewegungs- und Sportprogramme für alle Altersgruppen. Wichtig ist Woll auch das Gesundheitsmanagement in Betrieben und stationären Einrichtungen. Bewegungsmangel erhöhe das Risiko moderner Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Übergewicht und Bluthochdruck. In einem ganzheitlichen Ansatz entwickelt Woll mit seinem Forschungsteam auch Konzepte, wie sich Städte und Gemeinden bewegungsfreundlicher gestalten lassen. Neben dem Gesundheits- und Schulsport gilt sein Interesse auch den Ballsportarten, insbesondere dem Fußball als Leistungssport und der damit verbundenen Leistungsdiagnostik. Im dynamischen und schneller gewordenen Fußball wachse laut Woll die Bedeutung technischer Messmöglichkeiten etwa durch KI-unterstützte Analyse von Taktik und Spielaktionen. Woll ist in verschiedenen nationalen und internationalen wissenschaftlichen Gremien aktiv. Er ist Sprecher der Kommission Gesundheit der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), Mitglied im International Council of Sport Sciences and Physical Education (ICSSPE) sowie im Weltrat für Sportwissenschaft und Leibes-/Körpererziehung. Zudem berät er das Bundesgesundheitsministerium in der Expertenkommission „Gesundheitsziele“ sowie in der Arbeitsgruppe „Bewegungsförderung“. Auf europäischer Ebene beteiligt er sich im Netzwerk HEPA – European Network for the Promotion of Health-Enhancing Physical Activity – mit dem Ziel, die Gesundheit der Menschen in Europa durch Bewegung zu fördern. Aktuell engagiert sich Woll in verschiedenen Aktivitäten zur Analyse der Folgen von Corona auf die motorische und gesundheitliche Entwicklung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, unter anderem in der Expertenkommission der Leopoldina. (afr)