Lebensmittelallergien – Prof. Katharina Scherf
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Knapp ein Prozent der deutschen Bevölkerung leidet an Zöliakie, einer Darmerkrankung, die durch die Immunreaktion des Körpers auf Gluten, einem Speichereiweiß des Weizenkorns, ausgelöst wird. Die Lebensmittelchemikerin entwickelt Methoden, wie Gluten oder andere Pflanzeneiweiße verlässlich nachgewiesen werden können.
Weizenbedingte Erkrankungen besser verstehen
„Man sieht allgemein bei Allergien, dass die Häufigkeit zunimmt. Das gilt auch für weizenbedingte Erkrankungen, insbesondere bei der Zöliakie belegen dies einige Studien“, so Katharina Scherf, Professorin am Institut für Angewandte Biowissenschaften des KIT. In Deutschland leidet knapp ein Prozent der Bevölkerung an der entzündlichen Darmerkrankung. Während der Anstieg belegt ist, bleiben die Gründe für die Zunahme im Dunkeln. Vermutlich liege es unter anderem auch an veränderten Lebensgewohnheiten, glaubt Scherf, aber die Fragestellung sei komplex. Am Weizen selbst kann es nicht liegen: „Wir haben in unserer Forschung alte und neue Weizensorten verglichen. Der Gehalt an Gluten nimmt in den modernen Sorten eher ab. Wir haben keinen Hinweis darauf gefunden, dass heutige Sorten mehr Inhaltsstoffe enthalten, die eine Immunreaktion hervorrufen.“ Sicherlich spiele die Verarbeitung eine Rolle, so Scherf, dazu gebe es aber bislang noch wenig Forschung.
Eiweiße wie Gluten sind die Hauptverursacher von Allergien. „Die allergieauslösenden Eiweiße sind im Verdauungstrakt relativ resistent, sodass eher größere Bruchstücke übrig bleiben. Diese können vom Körper als fremd eingeordnet werden und entsprechende Immunreaktionen auslösen“, sagt die Expertin. Im Falle der Zöliakie greifen Immunzellen dann die Darmzotten, Ausstülpungen der Darmwand, an, sodass der Darm weniger Nährstoffe aufnehmen kann. Bisher gibt es dagegen keine wirksame Therapie. Betroffene müssen daher auf Produkte verzichten, die Weizen, Roggen oder Gerste enthalten.
Katharina Scherf will hier einen Schritt weiterkommen, indem sie mit ihrem Forschungsteam den Weg des Glutens vom Korn in den Körper aufklärt. Für diese ambitionierte Aufgabe hat sie einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC) erhalten. „Wir wollen besser verstehen, wie Gluten verdaut wird, welche Bestandteile im menschlichen Körper nachweisbar sind und wie weizenbedingte Erkrankungen ausgelöst werden“, erläutert Scherf. In ihrer Forschung konzentriert sie sich jedoch nicht nur auf den Gesundheitsaspekt bei Getreide, sondern auch auf qualitative Aspekte. Sie möchte wissen, welche Bestandteile im Korn dafür sorgen, dass daraus das beste Endprodukt wird: „Wenn man mit zehn unterschiedlichen Weizensorten unter standardisierten Bedingungen Brote bäckt, werden die Brote unterschiedlich groß.“ Welche Bestandteile im Korn dafür verantwortlich sind, will die Lebensmittelchemikerin herausfinden und entwickelt dafür geeignete Analysemethoden.
Pflanzliche Proteine in Lebensmitteln, insbesondere aus Getreide, beschäftigen Katharina Scherf schon seit vielen Jahren. Die vielfach ausgezeichnete Wissenschaftlerin habilitierte sich an der Technischen Universität München (TUM). Sie ist Mitglied einiger Fachgesellschaften, unter anderem der American Chemical Society. (rl)
Der Presseservice des KIT stellt gerne den Kontakt zwischen den Medien und Professorin Katharina Scherf her.
Fotonachweis:
Weizenfeld: Katharina Scherf
Porträt Professorin Katharina Scherf: Amadeus Bramsiepe, KIT