„Die Digitalisierung verändert das Ingenieurwesen, der Fokus liegt nicht mehr auf den Produkten und Werkzeugen, sondern auf deren Nutzung, deshalb muss der Mensch im Mittelpunkt stehen“, sagt Jivka Ovtcharova, die in Maschinenbau und Informatik promoviert ist. Der disruptive, sprunghafte technologische Wandel erfordere gerade auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen eine digitale Kompetenz. „Die Unternehmen können sich nicht mehr allein auf externe IT-Dienstleister verlassen“, betont die Wissenschaftlerin. Die IT-Systeme am Arbeitsplatz sollten für Mitarbeitende ebenso leicht verständlich und mit Spaß zu bedienen sein wie privat genutzte Apps, so die Expertin für Informationsmanagement- und KI-Methoden im Maschinenbau. „Die Innovationszyklen drehen sich immer schneller, IT-Lösungen müssen passgenau auf das einzelne Unternehmen zugeschnitten sein.“
Auch als Direktorin am FZI Forschungszentrum Informatik, einem Innovationspartner des KIT, fördert die Wissenschaftlerin die enge Kooperation mit der Industrie im praxisgerechten Technologietransfer. Zu den Schwerpunkten ihrer Forschung, die den Menschen mit seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen im Umgang mit Technologien und Arbeitssystemen ins Zentrum stellt, gehören Lifecycle Engineering, Practising AI und Smart Immersive Environments.
Für die Entwicklung neuer Produktgenerationen in sich stetig ändernden Rahmenbedingungen kommen digitale Ökosysteme („Digital Ecosystems“) in den Blick, die dazu beitragen sollen, gesamte Prozessabläufe zu analysieren, zu vernetzen und zu optimieren. Die Pionierin des Data Science in Engineering befasst sich daher mit dem nutzerfreundlichen Bereitstellen von komplexen Daten- und Informationsmodellen und entwickelt Lösungen, um Prozesse innerhalb von Anlagen durch Einsatz von Virtual Reality sichtbar zu machen. So analysieren digitale Zwillinge von Maschinen, beispielsweise Tunnelbohrmaschinen, ihre Umgebung und machen diese für den navigierenden Menschen sichtbar. Wie sich Kommunen und mittelständische Unternehmen durch das Schaffen von organisatorischen, technischen und infrastrukturellen Grundlagen zu einem digitalen Ökosystem mit neuen Geschäftsfeldern verbinden lassen, erforscht die Wissenschaftlerin beispielhaft in dem von ihr initiierten Projekt Regionales Mittlerer-OberRhein Digital Ecosystem (RegioMORE) in Bühl bei Karlsruhe. (Projektstart: 2022).
Ovtcharova ist Gründerin des Lifecycle Engineering Solutions Center (LESC) sowie des Industrie 4.0 Collaboration Lab am KIT. Ihre neuesten Unternehmungen sind das „Center for Artificial Intelligence Talents (CAIT)" sowie die Stiftung „Gesellschaft für Digitalisierung, Bildung und Qualifikation (dbq)“. Neben ihrer vielfältigen wissenschaftlichen Tätigkeit ist Ovtcharova eine der 25 Frauen für die digitale Zukunft in Deutschland, Gewinnerin des ersten Inspiring Fifty DACH Award 2019, Senatorin des Senats der Wirtschaft Europas, Gutachterin, Keynote Speakerin und Aufsichtsrätin. Zudem engagiert sie sich im Women Professors Forum am KIT. Das Netzwerk hat das Ziel, die Präsenz und Sichtbarkeit von Frauen an der Forschungsuniversität weiter zu stärken. (afr)
Der Presseservice des KIT stellt gerne den Kontakt zwischen den Medien und Frau Prof. Ovtcharova her.
Porträt Prof. Dr. Dr.-Ing. Dr. h. c. Jivka Ovtcharova, IMI: privat, Jürgen Rösner